Was ändert sich bei der Gleitzone zum Stichtag 01.07.2019?

Von der Gleitzone zum Übergangsbereich

Zum 01.04.2003 wurde eine Gleitzonenregelung für den Niedriglohnbereich eingeführt. Ziel war eine Entlastung der Arbeitnehmer die die Grenzen einer geringfügigen Entlohnung überschreiten (zuletzt 450 €) bis zu einem maximalen Verdienst von 850 €. Durch die Einführung der Gleitzone reduzierte sich der Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung. Dies gestaltete sich gleitend. Also bei einem Entgelt von 450.01 € stärkere Entlastung und 850,00 € geringere Entlastung. Ab einem Einkommen von 850,01 € waren dann die SV-Beiträge wieder hälftig zu tragen. Der Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen war in voller Höhe zu zahlen.

2018 wurde von der Bundesregierung beschlossen, die Entlastung des Niedriglohnbereichs weiter auszubauen. Diese Entlastung wird in Zukunft ca. 4,7 Millionen Arbeitnehmer betreffen. Kurz gesagt – an die Stelle der Gleitzone tritt zum 01.07.2019 der Übergangsbereich.

Dieser Bereich betrifft zukünftig Arbeitnehmer mit einem Einkommen von 450,01 € bis 1300,00 €. Auch für die bisher in der Gleitzone befindlichen Arbeitnehmer reduzieren sich die SV-Beiträge weiter. Zusätzlich wird ab dem 01.01.2019 der Beitrag zur Krankenversicherung wieder je zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen. Also sowohl die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes als auch die Hälfte des kassenindividuellen Zusatzbeitrags.

Wie funktioniert der Übergangsbereich?

Regelmäßiges Arbeitsentgelt

Zunächst ist festzustellen ob das Entgelt eines Arbeitnehmers sich im Übergangsbereich befindet.

Dazu wird das regelmäßige Arbeitsentgelt ermittelt. Das bedeutet es wird das Entgelt herangezogen auf das der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat ( z.B. durch Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag). Wird ein höheres Entgelt gezahlt ist natürlich dieses zu berücksichtigen.
Die Prüfung erfolgt bei Beginn der Beschäftigung und anschließend jeweils bei dauerhaften Änderungen in den Verhältnissen. Bei dieser Prognose soll es sich um eine ungefähre Einschätzung handeln, die für ein Jahr (nicht Kalenderjahr) im Voraus gemacht wird. Hat der Arbeitnehmer einmalige Einnahmen die mit hinreichender Sicherheit mindestens einmal jährlich gewährt werden, sind sie für das regelmäßige Arbeitsentgelt mit einem Zwölftel zu berücksichtigen.

Ermittlung der Beiträge

Für die Ermittlung der Beiträge bedarf es zweier Angaben:

  1. das tatsächlich gezahlte Entgelt
  2. die reduzierten beitragspflichtigen Einnahmen

Die reduzierten beitragspflichtigen Einnahmen werden ab dem 01.07.2019 wie folgt ermittelt:

Am 01.07.2019 beträgt die Summe der Sozialversicherungsbeiträge 39,65% ( KV=14,6%, durchschnittlicher KV-Zusatzbeitrag =0,9%, PV=3,05%, RV=18,6%, ALV=2,5%). Der Faktor F für das Kalenderjahr 2019 beträgt somit (30 : 39,65 =) 0,7566.

Die für das Kalenderjahr 2019 anzuwendende vereinfachte Formel zur Berechnung der reduzierten beitragspflichtigen Einnahmen lautet wie folgt:
1,128858824 x AE – 167,5164706 (AE=Arbeitsentgelt)

Jetzt haben wir alle notwendigen Angaben zur Berechnung der Beiträge.

Es ist in drei Schritten vorzugehen:

  1. Gesamtbeitrag aus der reduzierten beitragspflichtigen Einnahme
  2. Arbeitgeberanteil aus dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt
  3. Abzug Ergebnis 2 von Ergebnis 1 zur Ermittlung des Arbeitnehmeranteils

Es ist wohl davon auszugehen, dass diese Berechnungen vom Lohnprogramm erledigt werden. Die Umlagen U1 und U2 und die Insolvenzgeldumlage sind mit Einführung des Übergangsbereichs generell aus den reduzierten beitragspflichtigen Einnahmen zu berechnen.

Noch zwei Besonderheiten für den Übergangsbereich

Schwankungen des Entgelts

Liegt das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt zwar im Übergangsbereich, das tatsächliche Entgelt aber ab und zu darüber oder darunter dann können die üblichen Formeln zur Berechnung des reduzierten beitragspflichtigen Entgelts nicht einfach angewendet werden.
Liegen die tatsächlichen Einnahmen unterhalb von 450,01 € so ist das tatsächliche Entgelt mit dem Faktor F (2019 = 0,7566) zu multiplizieren. Andererseits wird bei einem monatlichen Entgelt oberhalb von 1300,00 € das tatsächliche Arbeitsentgelt als beitragspflichtige Einnahme zugrunde gelegt. Der Beitrag wird dann wie üblich vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Hälfte getragen.

Mehrfachbeschäftigung

Übt der Arbeitnehmer mehrere versicherungspflichtige Beschäftigungen aus, deren Arbeitsentgelt insgesamt im Übergangsbereich liegt, kann die normale Formel zur Berechnung der reduzierten beitragspflichtigen Einnahmen nicht angewendet werden.
Hier werden vielmehr die auf der Grundlage des Gesamtarbeitsentgelts ermittelten reduzierten beitragspflichtigen Einnahmen im Verhältnis der jeweiligen Arbeitsentgelte zum Gesamtarbeitsentgelt aufgeteilt.

Die Berechnung erfolgt für volle Kalendermonate nach folgender Formel: (1,128858824 x GAE – 167,5164706) x EAE / GAE


GAE = Gesamtarbeitsentgelt aller versicherungspflichtigen Beschäftigungen
EAE = Einzelarbeitsentgelt

Welche Auswirkungen hat der Übergangsbereich auf die Rente?

Mit der Einführung des Übergangsbereichs geht es nicht nur um die Reduzierung des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung. Es soll für die Beschäftigten im Übergangsbereich auch eine Begünstigung hinsichtlich ihrer späteren Rentenansprüche geben. Ab dem 01.07.2019 werden die Entgeltpunkte für die Rentenberechnung aus dem tatsächlichen Arbeitsentgelt ermittelt und nicht aus den reduzierten beitragspflichtigen Einnahmen. Die bisherige Option des Reduzierungsverzichts in der Rentenversicherung hat sich damit überholt.

 

Letzte Aktualisierung: von Team lohnexperte.de

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